Jörg Buttgereit
VIDEO NASTY - Zombies Unter Kannibalen
Zombies, Kannibalen, Serienmörder - in den frühen
80er Jahren überschwemmten Splatter-Movies nicht nur die Kinos, sondern
mit der neuen Video-Technik auch die deutschen Wohnzimmer. Ein
gemütlicher Abend mit einem "Video-Nasty":
In einem Leichenschauhaus in New York raubt ein
mysteriöser Unbekannter die Herzen der aufgebahrten Toten. Der
abgeklärte Kommissar Jack Romero und die hübsche junge Wissenschaftlerin
Andrea Spinell wollen das Geheimnis hinter diesen offenbar rituell
begründeten Bluttaten lüften.
Die Spur führt zu einer kannibalistischen Sekte auf
einer tropischen Insel irgendwo im Pazifik. Der Führer dieser Sekte ist
der dem Wahnsinn verfallene Dr. Fulci, der mit bizarren
Transplantationen aus den Ureinwohnern der Insel eine Armee von
willenlosen Zombies erschaffen will. Als Andrea von Dr. Fulcis Untoten
entführt wird und durch ein grausames Ritual zur Göttin der Zombie-Sekte
getauft werden soll, gerät die Lage völlig außer Kontrolle ...
Pressestimmen:
Jörg Buttgereit re-inszeniert den Trash-Klassiker
ZOMBIE HOLOCAUST (Italien 1980), der zur Hochphase der
Splatter-Ästhetik mit Kannibalen- und Zombiemotiven die damals
wichtigsten Exploitation-Topoi synthetisieret, unter dem Titel VIDEO
NASTY als Hörspiel im Medientransfer. Im Gegensatz zu dem im wahrsten
Sinne des Wortes verbissenen ZOMBIE HOLOCAUST nimmt Jörg Buttgereit in
VIDEO NASTY allen garstigen Sound-Effekten zum Trotz durchgehend eine
ironische Distanz zum Geschehen ein. Die Binnenstruktur der Diegese wird
durch eine autoreflexive Rahmenhandlung, die den Rezeptionsakt des
Splatter-Videos stets selbst thematisiert, immer wieder humoresk
fragmentiert. Analog zu Jean-Luc Godard, der in MADE IN U.S.A.
(Frankreich 1966) seine Figuren Aldrich, Siegel oder Mizoguchi nennt,
erweist auch Buttgereit jenen Filmemachern seine Ehrerbietung, die ihn
in seiner Adoleszenz besonders geprägt haben. Wie er schon FRANKENSTEIN IN HIROSHIMA
(Deutschland 2002) als artifizielle Hörspiel-Hommage an Ishirô Hondas
Monsterfilme angelegt hat, so referiert Buttgereit neben ZOMBIE
HOLOCAUST etliche weitere klassische Exploitation-Filme, von
italienischem Bahnhofskino wie LA MONTAGNA DEL DIO CANNIBALE (Italien
1978) bis hin zum postmodernen Fun-Splatter eines RE-ANIMATOR (USA
1985).
„Der Rundfunkkünstler hat in der Beschränkung auf das Hörbare seine Meisterschaft zu entfalten", fasst der Kunsttheoretiker Rudolf Arnheim im Jahr 1979 zusammen. Jörg Buttgereit gelingt es unter zwangsläufigem Verzicht auf die Optik seiner kinematographischen Vorbilder aus akustischem Material eine in sich selbst lebensfähige Welt zu kreieren. VIDEO NASTY codiert tradierte Trash-Referenzen kollektiv in ein intertextuelles Pulp-Universum und transzendiert damit eine rein archivarische Funktion, die freilich ebenfalls mitgeleistet wird. Im hermeneutischen Schwebezustand zwischen poststrukturalistischer Ironisierung und ernsthafter Deklamation leistet das Hörspiel über knapp fünfundvierzig Minuten nostalgische Erinnerungsarbeit. Dabei nehmen Buttgereits Dramaturgie, Dialoge und Darsteller meist deutlich elaborierter sich aus als in dem filmischen Ausgangsmaterial vorhanden. Dennoch ist die tiefe Liebe zu diesem für den Hörer in jeder Sekunde spürbar und sorgt über knapp fünfundvierzig Minuten für eine augenzwinkernde Geschichtslektion. Und wer hätte einst gedacht, dass Romero, Fulci und Spinell je im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ihre Nische finden würden?
„Der Rundfunkkünstler hat in der Beschränkung auf das Hörbare seine Meisterschaft zu entfalten", fasst der Kunsttheoretiker Rudolf Arnheim im Jahr 1979 zusammen. Jörg Buttgereit gelingt es unter zwangsläufigem Verzicht auf die Optik seiner kinematographischen Vorbilder aus akustischem Material eine in sich selbst lebensfähige Welt zu kreieren. VIDEO NASTY codiert tradierte Trash-Referenzen kollektiv in ein intertextuelles Pulp-Universum und transzendiert damit eine rein archivarische Funktion, die freilich ebenfalls mitgeleistet wird. Im hermeneutischen Schwebezustand zwischen poststrukturalistischer Ironisierung und ernsthafter Deklamation leistet das Hörspiel über knapp fünfundvierzig Minuten nostalgische Erinnerungsarbeit. Dabei nehmen Buttgereits Dramaturgie, Dialoge und Darsteller meist deutlich elaborierter sich aus als in dem filmischen Ausgangsmaterial vorhanden. Dennoch ist die tiefe Liebe zu diesem für den Hörer in jeder Sekunde spürbar und sorgt über knapp fünfundvierzig Minuten für eine augenzwinkernde Geschichtslektion. Und wer hätte einst gedacht, dass Romero, Fulci und Spinell je im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ihre Nische finden würden?
Quelle und mehr Infos : joergbuttgereit.com
Stabangaben:
Buch und Regie: Jörg Buttgereit
Sprecher:
Manfred Lehmann
Daniela Hoffmann
Oliver Korittke
u. a.
Technische Realisation: Jonas Bergler
Dramaturgie und Redaktion: Isabell Platthaus
Produktion: WDR 2005, 42 Minuten
Erstaufführung: 14. April 2005
Sprecher:
Manfred Lehmann
Daniela Hoffmann
Oliver Korittke
u. a.
Technische Realisation: Jonas Bergler
Dramaturgie und Redaktion: Isabell Platthaus
Produktion: WDR 2005, 42 Minuten
Erstaufführung: 14. April 2005
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen